Allein hätte ich mich nicht hin getraut. Es ist auch nicht ratsam, auf eigene Faust nach Hebron (al-Chalil) zu fahren, eine Stadt ca. 30 km südlich von Jerusalem. Neben Jerusalem, Tiberias und Safed ist Hebron für Juden eine der vier heiligen Städte. Für Muslime (neben Mekka, Medina und Jerusalem) genauso.

Eine Gruppe der École biblique et archéologique française de Jérusalem (1890 von Marie-Joseph Lagrange OP im Dominikanerkonvent St. Étienne gegründet) nahm mich auf diese Exkursion mit. Eine deutsche Habilitandin aus München hat dabei »nachgeholfen«. Ich selber benutze seit meinem ersten Studienjahr 1981/82 die hier entstandene, 1956 auf Französisch erschienene, später in verschiedene Sprachen übersetzte renommierte Jerusalemer Bibel.

Die Höhle Machpela, auch Höhle oder Grab der Patriarchen genannt, ist unser Ziel: Abraham, Isaak und Jakob liegen hier begraben. Auch ihre Frauen Sara, Rebekka und Lea. Die Altstadt von Hebron ist seit 2017 Weltkulturerbe, einer von drei palästinensischen Orten. Gleichzeitig scheint sie auf der Liste des gefährdeten Welterbes auf.

In der Vergangenheit gab es hier heftige Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern. Auch veritable Massaker mit vielen Toten. 1994 erschoss der jüdische Siedler Baruch Goldstein 29 Muslime beim Gebet in der Ibrahim-Moschee und verletzte 150 weitere. Ein Teil von Hebron gehört heute zu der von der palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten Zone H1. Die Grenze zur benachbarten Zone H2 ist mit Stacheldraht und Drehtüren gesichert. Sie steht unter israelischer Militärkontrolle. Hier, im östlichen Stadtteil, liegen die Gräber der Patriarchen.

Die Altstadt gleicht einer Festung. Gespannte Stimmung, wo man hinschaut. Mauern, Zäune und Überwachungstürme trennen Menschen voneinander. Selbst zu den heiligen Stätten gibt es getrennte Zugangswege. Wut über die Schikanen gegenüber Palästinensern, zu denen Festnahmen und Durchsuchungen gehören, lässt nicht nur schwer unterdrücken. Eine geteilte Stadt.

Das Oslo II-Abkommen weitete die Selbstverwaltung der Palästinenser aus. Es teilt das Westjordanland in die Zonen A, B und C auf, die unter palästinensischer, israelischer und gemeinsamer Verwaltung stehen. Die israelische Militärverwaltung kann aber jederzeit eingreifen. Abkommen zwischen Politikern sind das eine. Der Alltag spricht oft eine ganze andere Sprache. Hier in Hebron erinnert er an das Apartheid-System.

Anwar Abu Aisha, ein ehemaliger palästinensischer Kulturminister, von Haus aus Professor für Zivilrecht, führte uns durch die Stadt und gab spannende, aber eben auch beklemmende Einblicke in die politische Alltagsrealität. Er ist Präsident der »Association d’Echanges culturels Hébron-France« (AECHF), einer palästinensischen NGO.