En (auch: Ein) Kerem, zurzeit Jesu fünf Meilen von Jerusalem entfernt, ist der Tradition zufolge der Geburtsort Johannes des Täufers. Heute liegt der kleine Ort innerhalb der Stadtgrenzen Jerusalems, vis-à-vis von Yad Vashem und unweit des Mount Herzl. In Sichtweite: Das nach siebenundzwanzigjähriger Unterbrechung im Jahr 1975 wiedereröffnete, von Ostjerusalem (Mount Scopus) hierher verlegte Hadassah-Krankenhaus. In deren hauseigener Synagoge die berühmten zwölf Chagall-Fenster zu bewundern sind, die die zwölf Stämme Israels darstellen.

Hier, in En Kerem, gab es gestern ein Kommunitätstreffen. Über den vom Generaloberen des Jesuitenordens, Arturo Sosa SJ, verfassten Brief über vier weltweite Präferenzen der Gesellschaft Jesu 2019 bis 2029 tauschten wir uns aus. Ein Reflexionstag (»retreat«). Wir waren zu neunt: ein Spanier, ein Pole, ein Slowake, ein Libanese, ein Vietnamese, ein Mexikaner, ein Israeli, ein Amerikaner und ein Österreicher. Ja, es gibt so etwas wie einen »ignatianischen Stallgeruch«, an dem Jesuiten erkennbar sind. Diese Spiritualität verbindet verschiedene Sprachen, Kulturen und Mentalitäten – und verschiedene Generationen: Der älteste Jesuit in dieser Runde war 78, der jüngste 34.

Wie mit dem Begriff »Heiliges Land« umgehen? Er ist weiter und meint mehr als »Israel«. Und was ist mit dem Staat Palästina (Westjordanland und Gaza)? Mehrheitlich als staatliche Einheit anerkannt, ist seine Staatlichkeit ist völkerrechtlich umstritten, die Grenzen sind unklar. Ostjerusalem wird als Hauptstadt beansprucht. De facto ist es Ramallah. Fast fünf Millionen Menschen leben in dem beanspruchten Staatsgebiet – dazu kommen israelische Siedler, die mit enormem Armeeaufwand beschützt werden. Für Pilger wie Touristen: schwer verständliche und schwer verkraftbare Parallelwelten.