Unterhalb der Dormitio, der Abtei der deutschen Benediktiner am Südhang des Zionsbergs, befindet sich ein christlicher Friedhof. Er ist in drei Etagen angelegt. Der überwiegende Teil der Gräber ist mit hiesigen katholischen – zumeist arabischen – Christen belegt. Nur bei interkonfessionellen oder interreligiösen Ehen wurden außerdem andersgläubige Ehepartner hier bestattet. Auch vier Jesuitengräber finden sich hier.
Vor vielen Jahren war ich das erste Mal dort. In der ersten Woche meines Jerusalem-Aufenthalts, Anfang März 2019, erneut. Und heute, am 28. April, wieder. Es ist der Geburtstag von Oskar Schindler (1908–1974).
Der deutschmährische Industrielle galt als Lebemann und Spieler. In die Geschichte eingegangen ist er, weil er während des Zweiten Weltkriegs im heutigen Polen 1200 Juden vor dem sicheren Tod im Vernichtungslager Auschwitz rettete. Er ließ sie in seinen Fabriken, die als kriegswichtige Produktionsstätten eingestuft wurden, arbeiten – als billige Arbeitskräfte. 1943 wurde sein Emailierwerk als Rüstungsbetrieb anerkannt.
Nach dem Krieg war Oskar Schindler beruflich weitgehend erfolglos. Er lebte in Regensburg, Argentinien und Frankfurt, zeitweise in Jerusalem, wohin ihn seine »Schindlerjuden« einluden, als sie von seinen Schwierigkeiten erfuhren.
Steven Spielberg hat ihm mit dem Epos »Schindlers Liste« (1993) nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Keneally ein Denkmal gesetzt. Der Film erhielt etliche Oscars. Liam Neeson spielt Schindler, Ben Kingsley (»Ghandi«) den Chefbuchhalter Itzhak Stern.
Das Ende des Films hat in mir nach der österreichischen Uraufführung 1994 den Wunsch aufkommen lassen, selber einmal an diesem Grab zu stehen: Untermalt von den Klängen des Filmlieds Theme From Schindler’s List passieren die realen, noch lebenden »Schindlerjuden« (ihre Namen werden eingeblendet) hintereinander das Grab– begleitet von ihren Darstellern im Film. Sie legen Steine aufs Grab. Auch Schindlers Ehefrau Emilie, die in Argentinien zurückgeblieben war, ist dabei, im Rollstuhl. Liam Neeson legt zwei überkreuzte Rosen aufs Grab.
Wer an diesem Grab steht, denkt dabei an den Talmud: »Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.« Dieser Satz ist in den Ring eingraviert, den Schindlers Arbeiter ihm zum Abschied aus Zahngold anfertigten, bevor er vor der anrückenden Roten Armee floh. Wer an diesem Grab steht und die Augen schließt, hört fast automatisch die Filmmusik aus »Schindlers Liste« von John Williams. Sie geht unter die Haut – dank dem weltberühmten Violinisten Itzhak Perlman, Giora Feidman und dem Boston Symphony Orchestra.