Da capo, nach 35 Jahren: unterwegs nach al-Qubeibe. Schon einmal, 1984, mit 22, bin ich am Ostermontag von Jerusalem nach Emmaus gewandert. In diesem Jahr wieder, problemlos zwar, sicherheitshalber aber mit Pampers, obwohl die letzte Operation ein Jahr zurückliegt. Aber kleinere Handicaps begleiten seither meinen Alltag.
Und den muss man mitnehmen auf den Weg, über Stock und Stein, ausgetrocknete Flussbette, durch Olivenhaine – beim Start am Jaffa-Tor noch im Regen. Zurückschauen auf die vergangenen Tage und die Liturgien: in Gethsemane, bei den Benediktinern der Dormitio und in der Grabeskirche. Und vorausblicken auf die verbleibenden sechs Wochen im Heiligen Land.
Mehrere Orte im Westjordanland reklamieren für sich, das biblische Emmaus zu sein. Auf den Weg kommt es an. Nicht auf historische, archäologische oder andere Subtilitäten.
Darauf, dass einem die Augen aufgehen – beim Erzählen und Erinnern. »Osteraugen« braucht es. Nicht nur in den nächsten fünf Wochen. Osteraugen: Das macht christliche Existenz aus. Anders, vielleicht tiefer sehen und wahrnehmen, leben und lieben.
Jerusalem im Rücken, Ramallah in Sichtweite und am Horizont die Wolkenkratzer von Tel Aviv … Wieder und wieder drängt sich das Wort Parallelwelten auf. Checkpoints, Mauern, Stacheldraht: Sie markieren die knallharte politische Realität. Kindergesichter da wie dort – welche Zukunft haben sie, auf der einen wie auf der anderen Seite der Grenze?
1984: Seminarist für die Diözese Feldkirch. 2019: Jesuit und Priester. Hinter mir: Studienjahre in München, Innsbruck und Wien, Erfahrungen in der Priesterausbildung, in Pfarreien, in der Klinikseelsorge, elf Monate in den USA, davon vier als Pfarrer bei Oglala-Sioux Indians in South Dakota, 17 intensive Jahre bei den »Stimmen der Zeit«, sieben Jahre für das Karl-Rahner-Archiv verantwortlich; jetzt: Seelsorger in Sankt Michael (München), Theologe, Autor und Publizist.
Und Überlebender: In drei Tagen, am Donnerstag, wird Kardinal Christoph Schönborn OP die Casa Austria im Österreichischen Hospiz segnen, punktgenau ein Jahr, nachdem wir in Wien gemeinsam den 25. Jahrestag meiner Priesterweihe begangen haben. Er hat sehr aufmerksam meinen Weg als Patient mitverfolgt. Ihm steht bevor, was ich hinter mir habe und was fast zwei Jahre mein Leben bestimmte: eine Krebs-Behandlung.
»Und es geschah: Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen.« Daran glauben zu können, dass Jesus unsere Lebenswege mitgeht, erkannt oder unerkannt – darauf kommt es an.