Zwei Tage beherbergten mich die Benediktiner auf dem Zion, in der Dormitio (Hagia Maria Zion). Um auf die letzten drei Monate zurückzuschauen, bin ich hierhergekommen – um nach vorwärts gehen zu können. Denn in wenigen Tagen schon geht es nach München zurück. So schnell vergeht die Zeit!
Mit welchen Vorsätzen bin ich gekommen? Wie gehe ich? Welche Erinnerungen verbinde ich: mit Jerusalem, Bethlehem, En Karem, Tel Aviv, Bet Shean, Tiberias, Ein Gev, Betsaida, Tabgha, Kapharnaum, Haifa, Latrun, Herzliya …?
Die Teilnahme am Stundengebet der Mönche, die gemeinsamen Mahlzeiten im Schweigen, der Garten – das tat sehr gut, trotz des nächtlichen Lärms der Nachbarn, die rücksichtslos bis 1 Uhr morgens ihre monotone Musik abspielen: Orthodoxe Juden, die sich von Christen angegriffen fühlen – der Abendmahlssaal Tür an Tür mit dem Davidsgrab. Mit einer Gruppe evangelischer Studierender bin ich am Sonntagsabend nach der Komplet auf die Rotunde gestiegen – mit 360-Grad-Rundblick. Von hier aus schossen im Sechstagekrieg israelische Soldaten auf jordanische am Zionstor – man sieht noch die Einschusslöcher.
Ob in der Krypta, in der Apsis der Kirche, im Eulenhof, im Garten oder im Refektor, wo ein Österreicher begegnet – eine von Ernst Fuchs (1930–2015) geschaffene Ikone (der Maler hat 1957 für einige Monate in der Abtei gewohnt): Die verschiedenen Orte taten einfach gut. Und der Abt, Pater Bernhard Maria, ist ein wacher, aufgeschlossener und gütiger Mann! Die drei Gespräche mit ihm waren heilsam.
Bin ich ein neuer Mensch? Nein. Vielleicht ein bisschen ein anderer. Gehe ich gerne zurück? Ich brauche Zeit, um von dieser vielfältigen Welt in meine alte zurück zu gehen. Und mich einzulassen auf das, was kommt. Bin ich erholt? Ja. Gesundheitlich bin ich stabil, aber nicht problemfrei.