Päpstliches Krisenmanagement: Briefe in Bedrängnis

  • Cover Briefe in Bedrängnis

Wie findet ein Papst Trost in trostlosen Zeiten? Wie und womit tröstet er seine Kirche als Hirte und Seelsorger? Wie geht er mit Konflikten, Spannungen, Skandalen, ja Verbrechen in der Kirche um? Leidet er an seiner skandalgebeutelten Kirche?

Trost und Trostlosigkeit sind zwei Schlüsselbegriffe in den Geistlichen Übungen, den Exerzitien, des Ignatius von Loyola. Ein Jesuit lernt, damit umzugehen. Denn Spiritualität muss sich als alltags- und damit auch als krisentauglich erweisen. Papst Franziskus ist Jesuit seit seinem Ordenseintritt im März 1958.

Briefe der Generaloberen Lorenzo Ricci (1703–1775) und Jan Roothaan (1785–1853) waren ihm wichtig, seitdem er in den 1980er-Jahren in Zusammenhang mit einer argentinischen Ausgabe damit befasst war. Ricci musste im Juli 1773 die Aufhebung des Ordens erleben. Er starb als Gefangener in der Engelsburg. Roothaan trieb nach der Wiederherstellung des Ordens (1814) dessen Konsolidierung voran. Beide richteten mehrere Briefe an die Jesuiten, um zu trösten und aufzurichten – um eine kollektive Traumatisierung abzuwehren.

Jorge Mario Bergoglio schrieb seinerzeit ein Vorwort für die spanischsprachige Ausgabe. Er hat immer wieder darauf Bezug genommen, seinerzeit und jetzt als Bischof von Rom. Und als Papst hat er in trostloser Zeit den Bischöfen in Chile drei Briefe geschrieben, allen chilenischen Katholiken einen weiteren (April/Mai 2018), an alle Katholiken weltweit ebenso (August 2018). Dabei ging es immer um die »Seuche« des sexuellen Missbrauchs. Täter nannte er einmal »Kannibalen«.

Antonio Spadaro SJ (»La Civiltà Cattolica«) hat 2019 die historischen Briefe mit den Briefen von Papst Franziskus in dem Buch »Lettere della tribolazione« zusammengespannt und mit Kommentaren versehen lassen. Franziskus konnte er für ein neues Vorwort gewinnen.

Der österreichische Jesuit Andreas Falkner, der im April 2020 an den Folgen des Coronavirus verstarb, hat die italienische Ausgabe ins Deutsche übersetzt: »Briefe in Bedrängnis. Trost in Zeiten der Not«. Das Buch ist nun im Verlag Echter, Würzburg, erschienen: eine hilfreiche Instruktion zur »Unterscheidung der Geister« und ein Kompendium für den Umgang mit Trostlosigkeit, das auch einen schmerzlichen päpstlichen Lernprozess aufzeigt.

2020-09-15T14:40:06+02:0027. Juli 2020|
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