Eskaliert der Streit? Verhärten sich die »Fronten« zwischen dem Vatikan und den deutschen Bischöfen (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)?

Fronten statt Dialog

Dass am Tag, bevor die Frühjahrsvollversammlung der DBK in Augsburg begann, ein Brief aus Rom eintraf, der die Tagesordnung umwarf, unterschrieben von drei Kardinälen (Fernández, Parolin, Prevost), ist nicht ohne. Eine Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses wurde darin untersagt.

Dann warnte Kardinal Schönborn (Wien) im Interview davor, die »Einheit mit Rom« zu riskieren und das Schicksal der Altkatholiken nach dem Ersten Vatikanum zu wiederholen. Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück macht mit »Communio« jetzt Kirchenpolitik. Kardinal Kasper stimmte Schönborn ausdrücklich zu und empfahl den Deutschen, nicht »als Lehrmeister« der Weltkirche aufzutreten.

Und wieder: die Chimäre eines »Schismas«. Ginge ich in ein Schisma mit? Ganz gewiss nicht. Ist das überhaupt realistisch? Es ist ein Gespenst. Das aber ständig gefüttert wird.

Der Kommentar von Bischof Georg Bätzing, dem Vorsitzenden der DBK, zur Anweisung aus dem Vatikan war eindeutig: »Wir könnten schon viel weiter sein, die Gespräche könnten längst geführt sein«. Er selbst erwarte weitere Gespräche über die Zukunft des Synodalen Weges »sehnlich« und zeigte sich »verwundert« über die Post aus Rom. Das Timing ist ja sicher kein Zufall. Bestellt – wo?

Dass es unterschiedliche Sichtweisen (und Befürchtungen) zu einem Synodalen Ausschuss gibt, ist offenkundig. Ängste machen eng und schränken das Blickfeld ein. »Wir werden die Zeit nutzen, um über die Einwände von römischer Seite zu diskutieren, Konsequenzen daraus abzuleiten und die Gespräche vorzubereiten«, so Bätzing. Und in Richtung derer, die meinen, die Deutschen würden alles, was aus Rom kommt, ignorieren: »Wir wollen und können nicht über den römischen Einspruch hinweggehen. Jetzt muss geredet werden.«

Synodalität – konkret oder abstrakt?

Die große Vision einer synodal verfassten Kirche, die Papst Franziskus, wird diskreditiert und unglaubwürdig, wenn der Eindruck entsteht, sie bliebe blanke Theorie. Wenn es konkret wird, schießen sofort Befürchtungen aus dem Kraut: Das Bischofsamt, bischöfliche Autorität könne geschwächt werden, es solle zu einem protestantischen Kirchenparlament umfunktioniert werden. Stimmt nicht. Wird aber pausenlos behauptet. Lautet ein Motto des synodalen Prozesses nicht Partizipation?

Ein Alarmzeichen sind die verschiedenen Kommentare engagierter Synodaler, die jetzt auf katholisch.de (22.02.2024) zusammengestellt sind. Ich kann viele Stellungnahmen, die sich zwischen Empörung und Ratlosigkeit bewegen, nachvollziehen. Frustration macht sich breit. Auch weil nichts von dem, was in dem Schreiben aus Rom kritisiert wird, in den Satzungen, die nun nicht beschlossen werden konnten, drinsteht.

Der Primat der Evangelisierung

Quo vadis, Franziskus? Schon einmal habe ich gefragt: Mag der Papst die Deutschen nicht? Warum hält er an Narrativen fest, um nicht zu sagen: an Feindbildern?

In einem Punkt gebe ich Franziskus vorbehaltlich Recht, und dieses Anliegen hat er bereits in seinem Brief an die Katholiken in Deutschland im Juni 2019 formuliert: Es sei »notwendig, den Primat der Evangelisierung zurückzugewinnen, um die Zukunft mit Vertrauen und Hoffnung in den Blick zu nehmen (…). Die so gelebte Evangelisierung ist keine Taktik kirchlicher Neupositionierung in der Welt von heute, oder kein Akt der Eroberung, der Dominanz oder territorialen Erweiterung; sie ist keine ›Retusche‹, die die Kirche an den Zeitgeist anpasst, sie aber ihre Originalität und ihre prophetische Sendung verlieren lässt. Auch bedeutet Evangelisierung nicht den Versuch, Gewohnheiten und Praktiken zurückzugewinnen, die in anderen kulturellen Zusammenhängen einen Sinn ergaben.«

Wurde dieser Brief, auf den Franziskus seither immer wieder hinweist, von allen Beteiligten wirklich nicht nur zur Kenntnis, sondern auch ernst genommen?

Allerdings muss auch die Gegenfrage gestellt werden: Kann man Evangelisierung gegen notwendige Strukturreformen ausspielen, zumal die Missbrauchskrise auch zu einer Erosion der Autorität von Bischöfen geführt hat? Auch das steht in dem Papstbrief von 2019: »Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht nur in einer Zeit der Veränderungen leben, sondern vielmehr in einer Zeitenwende, die neue und alte Fragen aufwirft, angesichts derer eine Auseinandersetzung berechtigt und notwendig ist.«