1958, am 11. März, trat der noch nicht 22-jährige Jorge Mario Bergoglio mit einem Diplom als Chemietechniker in der Tasche in die Gesellschaft Jesu ein. Seit 66 Jahren ist er Jesuit. 2013, am 13. März, wurde er zum Bischof von Rom gewählt – der erste Papst aus Lateinamerika, der erste Papst aus dem Jesuitenorden, der erste Papst, der den Namen Franziskus annahm.

»Er sagt, was ihn bewegt, und manchmal sagt er es ohne Rücksicht auf die Folgen seiner Worte«: So kommentierte Marc Beise (SZ, 11.03.2024, S. 4: »An seine Grenzen«) die Interviewaussage, die Ukraine solle Verhandlungen mit Russland aufnehmen und die weiße Fahne hissen. Das Interview löste international Kritik aus, besonders heftig waren die Reaktionen auch in Deutschland.

Der undiplomatische Papst

Und weiter: »Die Vatikan-Diplomatie versucht jetzt, die Äußerung des Papstes einzufangen. Er habe das Bild von der weißen Fahne, das der Interviewer verwendet habe, nur aufgegriffen und damit zu einem Waffenstillstand aufrufen wollen. Verhandlungen seien keine Kapitulation. (. . .) Immer wieder umgeht er den Instanzenweg, lässt es nach innen und außen an Geschmeidigkeit fehlen. Sagt, was er denkt. Das macht ihn sympathisch, aber angreifbar.«

Andrea Riccardi, Gründer der Laien-Gemeinschaft Sant’Egidio und Träger des Aachener Karlspreises, verteidigte Franziskus: »Der Papst hat nicht von Kapitulation gesprochen, sondern von Mut zu Verhandlungen, was etwas ganz anderes ist.« Der Abtpräses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien, Jeremias Schröder OSB, sagte: »Schade ist aber, dass die improvisiert dahingesprochenen Worte so vielfältig interpretier- und kritisierbar sind. Das ist purer Franziskus, authentisch, aber nicht sehr diplomatisch.«

Auch solche Stimmen gibt es.

Jürgen Erbacher schreibt in seinem Blog »Papstgeflüster«: »Wenn ein Pontifex sich aufs politische Parkett begibt, kann er dort schnell ins Schlittern geraten. (. . .) Anstatt den Angegriffenen Mut zu Verhandlungen zu machen, sollte der Papst den Aggressoren ins Gewissen reden, den Krieg, die Gewalt und die unmenschlichen Taten zu stoppen. Dann machen Verhandlungen Sinn und sind für die Angegriffenen noch immer schwer genug.«