Eine deutsche Arbeitsübersetzung des Schlussdokuments der Weltsynode (wenn auch »nicht offiziell«) ist da! Wer den Text mit 60 Seiten und 155 Abschnitten liest und das »Instrumentum laboris« im Hinterkopf behält, kann sich schwerlich den vielen negativen Kommentaren anschließen. Die in dem Motto enden: Außer Spesen nichts gewesen. Frustration und Unmut machten sich dort breit, wo es ganz bestimmte Erwartungen und (teils ultimative) Forderungen gab.

Was auffällt: Immer wieder wird auf die Taufidentität rekurriert (Nr. 4, 21-24, 27, 106). Sie ist die Basis für eine synodal aufgestellte und verfasste Kirche. Und, wörtlich, in der Einleitung: »Auf jeder Etappe war die Reise geprägt von der Erkenntnis des ›Spürsinns des Glaubens‹ des Volkes Gottes.« (Nr. 3) Den haben also nicht nur Bischöfe und Priester, sondern alle Getauften!

Jetzt sind die Ortskirchen am Zug: Handlungsspielräume nutzen!

Auch wichtig: »Der synodale Prozess endet nicht mit dem Abschluss der aktuellen Versammlung der Bischofssynode, sondern umfasst auch die Umsetzungsphase. Als Mitglieder der Versammlung fühlen wir uns verpflichtet, sie als synodale Ausgesandte in den Gemeinden, aus denen wir kommen, zu fördern. Die Ortskirchen sind gebeten, ihren täglichen Weg mit einer synodalen Methodik der Beratung und des gegenseitigen Zuhörens fortzusetzen« (Nr. 9). Die Synode endete also, aber Synodalität als »konstitutive Dimension der Kirche« (Nr. 12) muss jetzt vor Ort weitergeführt, praktiziert und gelebt werden. Auch in der Liturgie soll das erkennbar werden (Nr. 27). Und bei Diözesansynoden (Nr. 108).

Da Synodalität »kein Selbstzweck« (Nr. 32) ist, müssen sich alle fragen, wie das geht: Kirche, die partizipativer und missionarischer aufgestellt ist – auf allen Ebenen. Es genügt ja nicht, dass die im Oktober 2023 und 2024 zusammengekommenen Synodalen eine offenbar tiefgreifende Gruppenerfahrung gemacht haben. Jetzt braucht es Multiplikatoren, die diese Erfahrung auf Diözesan- und Pfarrebene weiterführen.

Als synodal-missionarische Kirche wachsen

»Die Wertschätzung von Kontexten, Kulturen und Verschiedenheiten sowie der Beziehungen zwischen ihnen ist der Schlüssel, um als synodal-missionarische Kirche zu wachsen« (Nr. 39). Das ist die »heilsame Dezentralisierung«, von der Papst Franziskus schon in »Evangelii gaudium« gesprochen hat, 2013 – im Schlussbericht wird zwei Mal darauf Bezug genommen (Nr. 129, 134).

Dass in Erinnerung gerufen wird, dass Synodalität zunächst »eine geistliche Haltung« ist, dass »das Hören auf das Wort Gottes, Kontemplation, Stille und Bekehrung des Herzens« und das »Gespräch im Geist« (Nr. 43, 45) dabei wesentlich sind, überrascht nicht. Das soll aber nicht davon ablenken, dass es auch um konkrete Schritte geht.

Viel Unmut erzeugt hat, dass »heiße Eisen« ausgelagert wurden in Studiengruppen, die bis Mai 2025 tagen und dem Papst Bericht erstatten sollen. Es gibt aber sehr wertschätzende Feststellungen über Frauen, auch was ihre Führungsrollen in der Kirche angeht: »Diese Versammlung fordert die vollständige Umsetzung aller Möglichkeiten, die bereits im kanonischen Recht in Bezug auf die Rolle der Frau vorgesehen sind« (Nr. 60). Zur Rolle der Bischöfe, Priester und Diakone, zum Übel des Klerikalismus (Nr. 74, 98) ist einiges gesagt (Nr. 68-74), ebenso über Möglichkeiten, Sakramentalien an Laien zu delegieren (Nr. 75-78).

Eine Kultur der Transparenz, Rechenschaftspflicht und Evaluierung schaffen

Dass ein Klima des Vertrauens wichtig ist, dass es »eine Kultur der Transparenz, Rechenschaftspflicht und Evaluierung« geben muss, ist ein starkes Zeichen: »Diese kann nicht nur technischer Natur sein, sondern muss fähig sein, deren theologische, biblische und spirituelle Grundlagen auszuloten« (Nr. 80, vgl. Nr. 95-102). Und immer wieder: die »Unterscheidung der Geister« (Nr. 82, 87-94). Netzwerke sollen gebildet werden (Nr. 107).

Theologisch interessant: Was zu den Bischofskonferenzen gesagt ist (Nr. 124-129); dass angeregt wird, über den Primat und die Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils neu nachzudenken (Nr. 137); dass die Priesterausbildung unter die Lupe genommen werden soll (Nr. 148).

Qualitätssicherung ist nötig: Personal und Ressourcen bereitstellen

Ich finde vieles, was mich positiv und zuversichtlich stimmt. Der Papst hat sich mit dem Verzicht auf ein eigenes Nachsynodales Schreiben hinter dieses Schlussdokument gestellt. Der Ball liegt jetzt bei den Bischöfen vor Ort. In der Einleitung gibt es dafür eine Empfehlung, die beweist, dass der 2021 in Gang gesetzte synodale Prozess fortgesetzt wird – und dass es eine Qualitätssicherung geben soll: Es wird nämlich angeregt, dafür »Personal und Ressourcen bereitzustellen, um den Weg des Wachstums als synodale Kirche in der Sendung zu begleiten und den Kontakt mit dem Generalsekretariat der Synode aufrechtzuerhalten« (Nr. 9). Und: »Wir bitten das Sekretariat, weiterhin über die synodale Qualität der Arbeitsmethode der Studiengruppen zu wachen.« (Nr. 9)

Kardinal Kaspers Plädoyer für den ständigen Diagonal der Frau: »theologisch möglich und pastoral sinnvoll«

Erste Früchte zeitigt die Weltsynode schon: Die Frauenfrage ist überall virulent und lässt sich nicht autoritär unterdrücken. Auch die Frage einer Weihe lässt sich nicht mit fragwürdigen Berufungen auf »Tradition« kaltstellen. Selbst der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo (Mitglied des Kardinalsrates) meinte: Afrika ist offen für den Diakonat der Frau.

Kardinal Walter Kasper fand nach Abschluss der Weltsynode nicht nur lobende Worte für das Projekt Synodalität: »Die synodale Methode erwies sich als wohltuende Alternative zu aggressiven Streitgesprächen und der ganzen Unkultur, die heute in der politischen und leider auch in kirchlichen Debatten vorherrscht. Da bleiben am Ende nur vermeintliche Sieger und gedemütigte, verwundete Besiegte übrig. Bei der Synode konnten wir uns mit übergroßer Mehrheit synodal, d.h. gemeinsam auf den Weg machen.«

Er sprach sich im Gespräch mit Jan-Heiner Tück auch für den Diakonat der Frau aus, den er für »theologisch möglich und pastoral sinnvoll« hält: »Ich selber habe mit der Antwort auf diese Frage längere Zeit gerungen, bin inzwischen zur Überzeugung gekommen, dass es gute Gründe gibt, die es theologisch möglich und pastoral sinnvoll machen den ständigen Diakonat (!) für Frauen zu öffnen. Jede Ortskirche wäre frei zu entscheiden, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch manchen will oder nicht.«

Der Anfang ist gemacht: Partizipation wagen!

Thomas Söding, der als Experte an beiden Sessionen im Oktober 2023 und 2024 teilgenommen hat, meinte in der Zeitschrift »Christ in der Gegenwart« (45/2024): »Das Schlussdokument der Weltsynode 2024 ist bereits in Kraft gesetzt: durch den Papst, unmittelbar nach den Abstimmungen, bei denen es weitestgehend überwältigende Zustimmung fand. Früher gab es ›Vorschläge‹, die der Papst erst noch annehmen musste – oder ablehnen konnte. Jetzt gibt es Erklärungen und Aufforderungen – die aber noch in die Tat umgesetzt werden müssen. Hier zählt es. Auch in Deutschland. Der Synodale Ausschuss ist genau das richtige Instrument, um die Verbindung zur Weltsynode zu schaffen und in Verbindung mit Rom einen Synodalen Rat auf Bundesebene zu schaffen.«

Synodalität verändert die Kirche. Auf vielen Ebenen. Partizipation auf Bistumsebene ist kein Zauberwort mehr. Die Frage ist: Wer beteiligt sich (noch), wer bringt sich ein? Und wer bleibt stur bei der Meinung, der synodale Prozess sei ein einziger großer Bluff? Ich bleibe zuversichtlich!