Wie »politisch« dürfen Bischöfe sein? Wie »politisch« müssen sie sein? Erfreulich, wenn sich kirchliche Würdenträger deutliche Worte finden und sich trauen, offen gegen einen selbsternannten Messias aufzutreten. Es gibt ja auch andere Akteure.
Absagen an politische Heilsversprechen: in Washington und München
Als ich die Worte der anglikanischen Bischöfin Mariann Edgar Budde hörte, nur wenige Meter von US-Präsident Donald Trump entfernt, ihm dabei in die Augen schauend, dachte ich mir, das kann nur eine Frau in der Kirche sagen: »Im Namen Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben«. Einen Tag zuvor hatte sich Trump bei seiner Amtseinführung als von Gott Auserwählter in Szene gesetzt und Massenabschiebungen angekündigt. Jetzt musste er sich anhören: »Die große Mehrheit der Einwanderer sind keine Kriminellen. Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn.«
Trump und seinem Gefolge gefiel das natürlich nicht. Die in Kommentaren als »Standpauke« gewertete Predigt hörte er sich mit versteinerte Miene an und kommentiere sie später – abfällig. Budde, eine »linksradiale Trump-Hasserin«?
Das Konzil von Nizäa: Christus-Bekenntnis mit politischer Botschaft
Auch Kardinal Reinhard Marx nahm auf Trumps Amtseinführung Bezug. In seiner Predigt in der Münchner St. Matthäuskirche beim zentralen ökumenischen Gottesdienst aus Anlass der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen warnte er am 22. Januar vor »Tendenzen, Religion zu instrumentalisieren« – jenseits wie diesseits des Atlantiks. Er erteilte dabei politische Heilsversprechen und Populisten, die sich als Erlöser darstellten, eine Absage: »Das geht nicht. Heilsbringer ist nur Christus selbst.« Die Menschen lebten nicht im Paradies: »Es gibt kein goldenes Zeitalter und ähnliche Dinge, die Menschen nur irritieren und ideologisch in die falsche Richtung führen.«
Interessant: Der Erzbischof von München und Freising erinnerte auch an das vor 1700 Jahren tagende Konzil von Nizäa (325 n. Chr.) und dessen Christusbekenntnis:»Gott steht ganz auf der Seite der Menschen, besonders der Verwundeten. Er trägt die Wunden der Welt.« Dieses Konzil habe nicht nur ein Bekenntnis formuliert. Es enthalte auch eine politische Botschaft: »Denn wer sich so zu Gott bekennt, der in Jesus von Nazareth alles ausdrücken und sagen will, wie er das Leben und dessen Sinn versteht, der hat auch einen Auftrag in der Welt.« Nizäa als »Schutzwall« gegen politischen Messianismus, der Jesus Christus vereinnahmt und für seine politische Agenda instrumentalisiert. »Deswegen», so der Kardinal, »ist mit dem Bekenntnis des christlichen Glaubens kein Nationalismus zu machen, der die eigene Nation über andere überhöht.«
Pressemitteilung der Erzdiözese München und Freising hier.
Kirche(n) und politische Debatten
Lesenswert: Das von Volker Resing vom Politmagazin »Cicero« moderierte Gespräch (Podcast) zwischen Bernd Stegemann, Professor für Kultursoziologie und Dramaturgie in Berlin, und Heiner Wilmer, Bischof von Hildesheim – das in der Zeitschrift »Christ in der Gegenwart« (CIG 3/2025), S. 3-4 nachgedruckt wurde: »›Mit der Kraft der Liebe ins Rennen gehen‹. Wie politisch darf Kirche sein? Und welche Rolle soll sie in politischen Debatten einnehmen? Ein Streitgespräch«.