Vor achtzig Jahren, am 2. Februar 1945, wurde Alfred Delp in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Vorausgegangen war vom 9. bis 11. Januar ein Schauprozess. Das Todesurteil stand von vornherein fest. »Der eigentliche Grund der Verurteilung«, schrieb Delp in einem Abschiedsbrief an die Mitbrüder seines Ordens, »ist der, dass ich Jesuit bin und geblieben bin. (. . .) Die Atmosphäre war so voll Hass und Feindseligkeit. Grundthese: ein Jesuit ist a priori der Feind und Widersacher des Reiches. (. . .) Das war kein Gericht, sondern eine Funktion des Vernichtungswillens.«

Die Erinnerung sollte ausgelöscht werden – »für immer«

Nichts und niemand sollte künftig an den Jesuiten Alfred Delp erinnern: eine angeordnete »damnatio memoriae« eines auf 1000 Jahre angelegten Regimes, das nach zwölf Jahren Schreckens- und Gewaltherrschaft in sich kollabierte. Auf der Grundlage eines ausdrücklichen »Führerbefehls« ordnete Heinrich Himmler an, dass die Asche der verbrannten Leiche verstreut wird – auf den Rieselfeldern vor den Toren Berlins, wo Gemüse angebaut wurde und Abwässer entsorgt wurden. Ein Grab gibt es deswegen nicht.

Aber diese Rechnung der NS-Strategen ist nicht aufgegangen. Denn die Erinnerung an Alfred Delp konnte nicht ausgelöscht werden. Immer noch wird nämlich seiner gedacht, es wird von ihm erzählt, er wird gelesen und bewundert, Straßen, Plätze und Schulen sind nach ihm benannt, für einige Jahre sogar eine (mittlerweile geschlossene) Kaserne der deutschen Bundeswehr in Donauwörth. Es gibt Denkmäler und Gedenktafeln. 1995 wurde die Alfred-Delp-Gesellschaft gegründet, die auch ein Jahrbuch herausgibt.

Wegen der auf Berlin anrückenden russischen Front konnte Delp nicht unberechtigt hoffen, doch noch freizukommen. Gnadengesuche wurden eingereicht. Am 31. Januar, zwei Wochen nach der Verhandlung, wurde er von Berlin-Tegel nach Berlin-Plötzensee gebracht. Dort wurden zwischen 1933 und 1945 im berüchtigten Henkersschuppen über 3000 Gegner des NS-Regimes hingerichtet, zumeist, wie bei Delp, durch Erhängen an einem Fleischerhaken. Das geschah in den letzten Kriegsmonaten im Zwei-Minuten-Takt.

»In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie«

Es dauerte zwei weitere Tage, die Delp in Zelle 317 verbrachte. Ein Mithäftling, der auch Bibliothekar war, besorgte ihm, wie gewünscht, aus der Gefängnisbibliothek die »Nachfolge Christi« des Thomas von Kempen. Vom Anstaltspfarrer Peter Buchholz erbat der Todeskandidat die heilige Kommunion. Unmittelbar vor Vollstreckung des Todesurteils durch den Strang sagte Delp zu Buchholz: »Ach, Herr Pfarrer, in einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie.« Das war gegen 15 Uhr, am 2. Februar 1945.

Mit der Eröffnung seines Seligsprechungsprozesses ist im Laufe des Jahres 2025 zu rechnen. – In der Jesuitenkirche St. Michael in München wurde Alfred Delp am 24. Juni 1937 von Kardinal Michael Faulhaber zum Priester geweiht. Wie seinem 1987 selig gesprochenen Mitbruder Rupert Mayer war ihm schnell klar: Christentum und Nationalsozialismus sind nicht kompatibel, sondern unvereinbar. Daran erinnere ich in meinem Impuls im Monatsanzeiger Februar 2025.

An der Hochschule für Philiosophie München findet am 2. Februar 2025 im Anschluss an einen Gottesdienst eine Gedenkveranstaltung für seinen Alumnus statt: »Einstehen für Demokratie und Menschenrechte – im Gedenken an Alfred Delp SJ«. Prof. Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hält dabei das Hauptreferat.