Latrun, auf halbem Weg zwischen Jerusalem und Tel Aviv gelegen: Hier muss man sich entscheiden, ob man, aus Tel Aviv kommend, über Scha’ar haGai oder über Beit Horon hinauf nach Jerusalem fährt.
Historische Kämpfe haben an diesem strategisch wichtigen Ort stattgefunden, im 13. Jahrhundert. 1936, ausgelöst durch den Arabischen Aufstand, errichteten die Briten hier eine festungsähnliche Polizeistation mit Türmen und Schießscharten. Außerdem ein Internierungslager für jüdische Widerstandskämpfer, die gegen die Mandatsmacht rebellierten. Prominente Zionisten waren unter den Internierten.
Im Unabhängigkeitskrieg von 1948 fanden in der Gegend um Latrun heftigste Kämpfe zwischen Arabern und Israels um den Weg zum belagerten Jerusalem statt. Als sich die britische Armee zurückzog, übergaben sie die von Minen umgebene Festung der Arabischen Liga. Zwei Mal versuchten die Israelis bei enormen Verlusten, das Fort einzunehmen.
Obwohl ein Waffenstillstandsabkommen von 1948 vorsah, dass die nach Jerusalem führende Straße für den israelischen Verkehr geöffnet werden sollte, ignorierte Jordanien das Abkommen. Bis zum Sechstagekrieg 1967 musste ein Umweg über die so genannte Burma Road genommen werden. Dann aber eroberte die israelische Harel-Brigade die frühere Polizeistation. Die Bewohner dreier arabischer Dörfer wurden vertrieben, die Dörfer zerstört.
Jetzt befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Polizeistation eine Gedenkstätte der Panzertruppe der israelischen Armee, Yad LaShiryon. Außerdem ein Militärmuseum. Massenweise werden junge Soldatinnen und Soldaten herangekarrt. Hunderte Panzer sind ausgestellt. Auch deutsche Fabrikate: von Frankreich erbeutet, Syrien überlassen, von Israel 1967 erbeutet. Im Freilichttheater finden regelmäßig militärische Zeremonien statt.
Latrun – ein nationaler Erinnerungsort.
Südlich der Festungsanlage, in Sichtweite der Gedenkstätte, wurde 1890 eine Trappistenabtei errichtet. Im Ersten Weltkrieg wurden die Mönche von osmanischen Kräften vertrieben, die Abtei wurde ein Heerlager. Nach dem Krieg kehrten die Mönche zurück. Es wurde wieder gebetet. 1952 war der Wiederaufbau abgeschlossen. Im Klosterladen kann man Liköre und Olivenöle erwerben.
Etwas weiter oberhalb finden sich Reste einer Templerburgruine aus dem 12. Jahrhundert. Schützengräben aus den Kriegen 1948 und 1967 erinnern an die jüngere Geschichte.
Hier hat sich auch eine kleine Gemeinschaft der ökumenischen Jesus-Bruderschaft (Kloster Gnadenthal) angesiedelt: Leben und Arbeiten, zusammen mit einheimischen Mitarbeitern und deutschen Volontären. Ein Leben in versöhnter Vielfalt: zwischen Christen, Juden und Arabern, Deutschen und Israelis.
In der Nähe von Latrun befindet sich Neve Schalom / Wahat as-Salam: die von dem Dominikaner Bruno Hussar († 1996) im Jahr 1972 gegründete »Oase des Friedens« (vgl. Jes 31,28) – eine Dorfkooperative, in der jüdische und arabische Israelis zusammen leben und sich für Verständigung zwischen den beiden Völkern und Gleichberechtigung einsetzen. Tel Aviv, Jerusalem und Ramallah sind gleichweit entfernt. Der legendäre Südtiroler Bargil Pixner (1921–2002), der später bei den Benediktinern in der Dormitio (Hagia Maria Zion) eintrat, zählte zu den Mitbegründern.
Kämpfen, erinnern – und beten. Das ist Latrun.