Die Kardinäle Raymond L. Burke und Gerhard Ludwig Müller waren schon in der Slowakei. Auf Einladung der Bischöfe. Um zu sagen, was katholisch ist und was nicht, im Nachgang von »Amoris laetitia« (2016), dem Nachsynodalen Schreiben zur Familiensynode (2014/15). Kardinal Marx oder Kardinal Kasper wurden nicht eingeladen. Auch das hat seine Gründe.
Papst Franziskus hat sich selbst eingeladen. Und hat damit überrascht. Und irritiert.
Vom 12. bis 15. September besucht er die Slowakei, einen mitteleuropäischen Binnenstaat mit nicht einmal sechs Millionen Einwohnern, der an Österreich, Ungarn, Tschechien, Polen und an die Ukraine grenzt. Fast siebzig Prozent der Slowaken gelten als katholisch, dazu kommen etwa sechs Prozent griechisch-katholische Christen.
Um 6 Uhr morgens fliegt Franziskus in Rom ab, landet kurz vor 8 Uhr in Budapest, wo er sich zum Abschluss des 52. Eucharistischen Weltkongresses einfindet. Nach Begegnungen mit dem Staatspräsidenten und dem Premierminister sowie mit den Bischöfen und Vertretern des Ökumenischen Rats der Kirchen und jüdischer Gemeinschaften in Ungarn hält er eine Messe, um kurz vor 15 Uhr nach Bratislava weiterzufliegen.
»Willkommen Papst«
Es ist ein Besuch an der Peripherie. Typisch für Franziskus. Stationen der Reise sind die Hauptstadt Bratislava sowie Košice, Prešov und das Nationalheiligtum in Šastín im Dreiländereck zu Österreich und Tschechien. Am Mittwochnachmittag fliegt er zurück nach Rom.
Die Bewohner der Roma-Siedlung Luník IX, einem Stadtteil im ostslowakischen Košice, erwarten den Papst am Dienstagnachmittag. Die berüchtigte Plattenbausiedlung ist mit über 6000 Bewohnern die größte Roma-Siedlung Mitteleuropas. Flüchtlinge und Migranten, Arme und Ausgegrenzte gehören zu den besonderen Lieblingen dieses Papstes. Sie dürfen mit seiner Aufmerksamkeit, mit seinem Wohlwollen, mit seiner tatkräftigen Hilfe rechnen. Auch bei den Missionarinnen der Nächstenliebe, den Mutter Teresa-Schwestern, schaut der Papst vorbei.
»Papež Vytaj« – »Willkommen Papst!« – heißt es in einem Graffito auf der Mauer eines Hauses. Falsch geschrieben offenbar und neben dem abbröckelnden Putz der Hauswand ohne jeden gestalterischen Anspruch. Doch vielleicht gerade deswegen ein Bild mit Symbolkraft?
»Rätselhaft«?
Die österreichische Tageszeitung »Die Presse« spricht in ihrer Ausgabe vom 11. September 2021 von einer »rätselhaften« Papst-Reise: »Die Frage nach dem Warum, bei aller Vorfreude vieler Katholiken, ergibt sich etwa daraus, dass der slowakische Klerus Probleme mit Franziskus hat – und weil der Besuch weniger auf einer Einladung als auf einer Initiative des Vatikans fußt.«
Ob das den Papst kratzt? Wohl eher nicht. Er ist kein Populist. Seit dem 13. März 2013 bleibt er sich bleibt sich treu: Er sucht die Gesellschaft der Kleinen – und meidet die Gesellschaft anderer. Ein sehr jesuanischer Zug. Das Programm spricht für sich.
Paris, Wien, Berlin und andere Metropolen und Länder Europas werden noch länger auf einen Papst-Besuch warten müssen. Die Auswahl seiner Reiseziele folgt einer inneren Logik. Überraschungen mit inbegriffen.